Zeitwertgerechte Reparatur
Ein oft falsch angewendeter Begriff, welcher für mehr Unsicherheit als Klarheit sorgt.
Im Grundsatz soll eine Instandsetzung an einem Automobil so erfolgen, dass derselbe Zustand wiederhergestellt wird, in welchem sich das Fahrzeug vor dem Schadeneintritt befand. Die notwendigen
Instandsetzungsarbeiten ergeben sich aus den mit dem Schadenereignis eingetretenen Beschädigungen. Naturgemäss können sich die Ansprüche von Kunde zu Kunde und von Kundengruppe zu Kundengruppe
unterscheiden (siehe auch Qualität). So hat der Besitzer eines neueren Automobils in der Premiumkategorie andere Ansprüche an die Instandsetzung als der Besitzer eines älteren Fahrzeuges, welches
ihm ausschliesslich als mobiler Untersatz dient und für ihn eigentlich ein «Nutzfahrzeug» darstellt.
Trotz diesen recht unterschiedlichen Qualitätsanforderungen unterscheiden sich die Aufwendungen für eine Instandsetzung nicht beliebig.
Wird bei einem Ereignis beispielsweise die Stossstange und das Heckblech so beschädigt, dass sowohl die Stossstange als auch das Heckblech ersetzt werden müssen, ergeben sich im Aufwand
(typenspezifische Unterschiede nicht berücksichtigend) Differenzen, welche durchaus im Rahmen eines variablen Stundenverrechnungssatzes ausgeglichen werden können.
Auch die daraus notwendigen Lackierarbeiten unterscheiden sich diesbezüglich in einem Rahmen, welcher mit einem individuell kalkulierten Verrechnungssatz ausgeglichen werden kann: Sicher hat der
Besitzer des neueren und teureren Automobils höhere Ansprüche an die Optik der Lackierung, die meisten notwendigen Arbeiten aber sind vergleichbar.
Ein Beispiel, welches in der Praxis durchaus vorkommt und auch gerne als «zeitwertgerecht verkauft» wird, ist das Folgende: Ein kraftschlüssig mit dem Fahrzeug verbundenes Blechteil wird
beschädigt. Die Beschädigung ist im Bereich des Radlaufes, welcher mit dem Radkasten verklebt ist. Darunter ist der Radkasten ebenfalls leicht deformiert. Für eine perfekte Instandsetzung muss
die Seitenwand demontiert, der Radlauf gerichtet und die Seitenwand wieder kraftschlüssig mit dem Fahrzeug verklebt werden. Hat das Fahrzeug jedoch bereits einen beträchtlichen Teil seiner
Nutzungsdauer erreicht, kann auch eine einfachere Reparaturausführung mittels der Push-Pull-Methode in Betracht gezogen werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Sicherheit ohne Einschränkung
bestehen bleibt. Die Qualität ist natürlich eingeschränkt und die Korrosionsbeständigkeit nicht mehr für viele Jahre gesichert. Allerdings ist das unter Würdigung der Restlebensdauer durchaus zu
vertreten.
Ob der korrekte Begriff für das vorgängig geschilderte Beispiel «zeitwertgerechte Instandsetzung» ist, wollen wir nicht abschliessend beurteilen. Interessanterweise kommt dieser Begriff ausschliesslich im Automobil-Reparaturgewerbe vor. Er existiert in anderen Branchen nicht. Oft wird in unserem Gewerbe auch von zeitwertgerecht gesprochen, wenn Gebraucht- oder Nachbauteile zur Anwendung kommen.
Unsere Meinung ist, dass eine Instandsetzung nach klar definierten Qualitätsrichtlinien unter Berücksichtigung der Herstellervorgaben und des Kundenanspruches zu erfolgen hat. Selbstredend wird dabei das Fahrzeugalter, der Zustand, die zu erwartende Restlebensdauer, usw. mitberücksichtigt.
© Swissgarant
April 2013
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